Tradition vs. Moderne

2. Herren, 4. Spieltag: Bernau. Ein Ort der klingt wie: Bernau.

Schon bei der Begrüßung wurde mir, dem Neuzugang der SVBB, das Besondere dieser Begegnung bewusst, Alt-Brauer empfangen Neu-Brauer im Duell der Brauer-Generationen. Der Kapitän Steffen trug Brauerpantoffeln mit der Aufschrift „Einmal Brauer – Immer Brauer“, sogar ein Edel-Brauer stand uns gegenüber.
Edel-Brauer, welch‘ Huldigung. Was kann ein Mensch tun, um diesen Status zu erlangen? Nährig, die Legende. Rankenden Mythen erzählten die Altvorderen in bedächtigen Tonhöhen. Nährig, ein Wort für Kraft, Filigranität, Potenz. Nährig, unerreicht. Und jetzt steht er vor mir, in Fleisch und Blut – so nah und doch so fern. Seinen Namen in meiner unreinen Kehle zu Lauten zu formen, Frevel, Blasphemie, Ahnenschändung. Dämmerung beginnt mich zu umgeben. Ich möchte so werden, so sein wie er. Ich schüttel‘ ihm die Hand, berühre sanft, voller Ehrfurcht seine linke Schulter und verlasse dabei meinen Körper. Fliege gen Himmel, schaue als Vereinspräsident, der gerade seinen Posten an die Jüngeren abtritt auf meine Brauerlaufbahn zurück: Im Training erklärte ich einst Dr. Köpp den inzwischen als Wunderwaffe reaktivierten schnittlosen Rückhand-Schupfball. Zu Beginn der Saison 2024/25 begrüßte ich die Bundesligaaufsteigermannschaft der SV Berliner Brauereien AG. Der großartigste und sympathischste Verein Berlins hat unter meiner Ägide seit mehr als einer Dekade mehr Damen- als Herrenmannschaften in den Wettkampfbetrieb gemeldet. Nur ich und die Mutter meiner Kinder wissen wie ich einst meine Zwillingssöhne, die heute mit einer Erwachsenenspielberechtigung für die Brauereien in der Bundesliga spielen, auf den damals neu erworbenen Butterflytischen nach dem Gewinn meiner ersten Einzelvereinsmeisterschaft 2013, nur mit Renos Pantoffeln bekleidet, zeugte. Aufgrund des Erfolgs und dem stetig wachsenden Zulaufs an Tischtennisjüngern wurde die Brauerfestung auf nunmehr acht Spieletagen erweitert. Man spielt inzwischen Auf Brauereien. Nur noch der Bunkerberg erhebt sich, bis zur nächsten Ausbaustufe des Sportparks, höher im Prenzlauer Berg. Die Winsstraße heißt seit einiger Zeit Lindemannpromenade,  im Juliet kochen 5-Sterne-Köche auf riesigen Tellern servierte Häppchen, es gibt Bier in Maßkrügen. Auf der Meisterfeier werde ich als DER Edel-Brauer, in der Loge stehend, die siegreiche Brauermeistermannschaft grüßend, gefeiert, für mein Lebenswerk geehrt. Uns Uwe erschallt es in der Festung…

„Schieß‘ doch mal, der steht n‘ Meter überm Tisch!“ Wer spricht? In diesem Ton? Oha, wir spielen Doppel, sind schon am Ende des 2. Satzes. Neben mir Olli, der Ort: Bernau. Willkommen triste Realität. Durch die Augen gewischt und dem Gegner zum 3:0 Sieg gratuliert. An den Nachbartischen hatten nur Pascal und Matthias ihr Doppel gewonnen, sodass wir mit einem 1:2 Rückstand in die Einzelrunde gingen.

Die erste Einzelrunde ging schnell vorüber: Franz wird nach einer 2:0 Satzführung gegen Steffen etwas unruhig, gewinnt aber doch in 4 Sätzen, Nico und Pascal demontieren ihre Gegner, Matthias besiegt den Edel-Brauer in 3 Sätzen, ich brauche einen Satz Anlauf bis ich ein umsetzbares Konzept gegen die Angriffsnoppe des Gegners finde. Nur Olli verliert sein Einzel knapp im 5. Satz. Ergo: Aus einem 1:2 mal schnell ein 6:3 gemacht.

Die zweite Einzelrunde gestaltete sich dann deutlich spannender und ausgeglichener: Nico kämpfte lange gegen Steffen und macht dabei in den wichtigen Phasen zu viele eigene Fehler. Zusammen mit Steffens starkem Spiel wirds ne knappe 5-Satz-Niederlage. Wie ein nasser Leinensack fällt Franz am Nachbartisch zusammen, findet überhaupt kein Mittel gegen das Material des Gegners, nur noch 6:5. Pokalheld Pascal gewinnt gegen den Edelbrauer mit beeindruckender Schlagsicherheit und -präzision.

Beim Stande von 7:5 spielen parallel Matthias und Olli. Matthias verliert die ersten beiden Sätze, Olli startet stark und führt 2:1. Beide Spiele werden gedreht. Besonders beeindruckend war des Mattias‘ Performance in den Sätzen drei bis fünf! 8:6 für die (Neu-) Brauer!
Eine kurze Diskussion folgte, ob das Entscheidungsdoppel erst nach dem letzten Einzel ausgetragen werden soll. Ich kündigte den Bernauern schon mal an, dass das Doppel nicht mehr nötig sein werde, trotzdem spielten wir parallel. Das Doppel ging schnell mit 0:3 verloren, also war mein Spiel entscheidend über Sieg und Unentschieden. Im ersten Satz war es noch etwas holprig, im zweiten lief es schon besser. Letztlich stand ein 3-0 Sieg auf der Brauerseite und damit der letzte Punkt zum Auswärtssieg! Sagte ich doch…

Insgesamt eine in der Breite starke Vorstellung von uns. Matthias, Pascal und ich gewannen beide Einzel, teilweise sogar sehr souverän, von oben kamen zwei Punkte. Olli wird sich – da bin ich mir sicher – schon am Donnerstag gegen Blau-Gold rehabilitieren. Wir sind wieder Tabellenführer!

Ein erfolgreicher Tischtennisabend im fernen Bernau wurde an einem Imbisstand des Vertrauens an der Prenzlauer mit in Berlin gebrauten Bier abgeschlossen.

Steffen lässt alle Brauer/innen herzlichst grüßen!

10 Kommentare

  1. Starke Leistung. Glückwunsch zum Sieg!

    @Uwe: Was auch immer du beim Verfassen dieser Zeilen genommen hast, ich will das auch 🙂

  2. anonym aus der Schweiz

    Ich glaube ja hier bietet sich grad ein neuer Brauerseiten Chef- Reporter & Agitator an!
    Also los gehts Brauer!

    Deine Brauerseite braucht Dich!

    Starker Artikel!

    Brauergruss

  3. brauer_franz

    Hatte ich schon gesagt, daß ich Uwe eigentlich nicht als Punktegarant und Matchwinner im unteren Paarkreuz, sondern als Sonderberichterstatter von den Einsätzen an der Peripherie Berlins engagiert habe.

    Und dann gleich im Nachgang noch ein Exklusivinterview des Schweizer Korrespondenten….

    Was will man mehr von einer Brauerseite!

    „Nasser Sack….“ tja stimmt leider 😉

  4. Glückwunsch. Und viel Spaß mit Deinen Zwillingen…

  5. Mit dem Artikel hat sich der SF Lindemann wohl ganz klar für den Titel
    „think tank of the Hinserie“ empfohlen.

    Und sportlich scheint er ja auch eine echte Bereicherung zu sein.

    Wie konnte Friedrichshain diesen Mann nur ziehen lassen?

    Glückwunsch zu diesem wichtigen Sieg in Bernau, Brauer !!!

    Gerald

  6. … , wenn solche grandiosen Artikel dabei rauskommen, dann ist das Verlieren nur halb so schlimm 🙂 …

    Steffen

  7. Herzlichen Glückwunsch zum Sieg bei den Altbrauern. Man sieht, die neue Generation drängt nach vorn.
    Herrliche Vorstellungen und Träume im Bericht.
    „Aber was wäre nun Herr Lindemann, wenn sie 500.000 Euro im Lotto gewinnen?
    Sind dann die Träume zur Bundesliga perdue?
    Wie steht es dann mit den Reisen nach Island und Italien?
    Und besonders interessieren mich die Überlegungen zur Eröffnung einer Herren-Boutique ?
    Spielen sie dann weiter Tischtennis mit den Zwillingen in Brauerpantoffeln?“

    Ich bin gespannt und werde aufmerksam deine weiteren Spielkommentare verfolgen.

    Bernd

  8. brauer_franz

    Die 500.000 hätte er natürlich beim Mannschaftsfüherr der 2. Mannschaft abzugeben!

  9. Nix da! Du würdest ja das Geld nur für Alkohol, Frauen und Autos ausgeben. Und den Rest würdest Du einfach verprassen.

  10. brauer_franz

    nen Teil würde ich vielleicht auch in Sadis Tenergy-Sammlung stecken…..

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